Das Nürnberger Marionettentheater führt das Märchenstück „Zwerg Nase“ auf · 01.2024
In den Herbst- und Wintermonaten laufen Sonntag nachmittags Familien mit ihren Kindern in den Cramer-Klett-Park in Nürnberg. Nachdem sie zum Austoben auf dem großzügigen Spielplatz waren, gehen sie zum Apollotempel. Seit 1963 tun sie dies. Der denkmalgeschützte Gartenpavillion war seit Ende des zweiten Weltkrieges ungenutzt. Dann vermietete die Stadt Nürnberg den neoklassizistischen Kuppelbau an Kurt und Margarete Tomaschek.
Sie hatten weder Geld noch Arbeit. Die Familie Tomaschek kam nach dem Krieg aus dem Sudentenland zunächst nach Kastl bei Amberg. Um den zwei Kindern eine Freude zubereiten, schnitzte Kurt Tomaschek aus zwei hölzernen Tischbeinen die Marionettenpuppen „Hänsel und Gretel“. Von den Vorführungen zu Hause bis zur ersten großen Vorstellung in Kastl mit 500 Besuchern verging wenig Zeit. Das Marionettentheater wurde schnell bekannt und in Schulen und großen Sälen in ganz Süddeutschland gezeigt. Dann zog die Familie nach Nürnberg und Kurt Tomaschek erhielt eine Stelle im Tiefbauamt der Stadt Nürnberg.
Im Apollotempel gab es keine Bühne, keine Zuschauerränge und schon gar keine Heizung. Kurt Tomaschek verbrachte jede freie Minute seiner Freizeit dort und baute eigenhändig dem Theater eine feste Heimat.
Heute leben Kurt und Margarete Tomaschek nicht mehr. Trotzdem ist das Nürnberger Marionettentheater gut besucht. Gut 90 Personen fasst das kleine Gebäude, zur einen Hälfte Erwachsene, zur anderen Hälfte Kinder ab fünf Jahren. Es sind die Enkel, Sigrid, Sylvia und Peter Triebfürst, die das Theater weiterführen. Sie, Nachbarn und Freunden spielen, zum Teil bereits wiederum mit ihren Kindern, die historischen Puppen. Ein Märchenstück dauert etwa 80 Minuten.
Zuschauer gewinnt das Marionettentheater vor allem über Weiterempfehlungen, aber auch über Online-Marketing und Printwerbung.
Das Stück „Circus Carlie“ kann heute nicht mehr gespielt werden. Es ist eines der klassischen Märchenstücke, von denen der Großvater bzw. Urgroßvater jedes Jahr vier Neue inszeniert hat. Diese waren in den 60er, 70er und 80er Jahren sehr erfolgreich. 1971 erhielt das Marionettentheater für „Rumpelstilzchen“ den zweiten Platz der Stadt Bochum für das Laienspiel. 1974 für „Circus Charlie“ den ersten Platz. „Circus Charlie“ ist leider bei einer Brandstiftung im Jahre 2000 verbrannt.
Mit personeller und vor allem finanzieller Unterstützung konnte das Theater nach dem Brand wieder aufgebaut werden. Heute decken die Einnahmen die Ausgaben. Förderung bezieht das Theater keine. Ab und zu erhält das Nürnberger Marionettentheater eine Spende. Das Konto hierfür findet jeder, der das Theater unterstützen möchte, auf der Website.
Zeit für Neuinszenierungen besteht derzeit keine. Neben dem Kartenverkauf, dem Einlass und die Verabschiedung am Ende der Vorstellung verbringen die ehrenamtlich Mitwirkenden viel Engagement für Proben der Stücke vor der jährlichen Aufführung und konservieren den Geist einer anderen Zeit. Die Grimms- und Hauffmärchen werden weitgehendst in der Originalversion gezeigt. Die Gesichter der Charaktere sind entsprechend gestaltet und nicht geschont, um die Figur zu verharmlosen.
Ehrenamtliche: Nürnberger Marionettentheater e. V.
Location: Apollotempel im Cramer-Klett-Park
City: Nürnberg
Date: 14.01.2024